Der Mittelstand gilt als Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Hier finden sich die Hidden Champions, die auf globalen Märkten erfolgreich sind, vor allem dank ihrer Innovationskraft. Doch diese scheint laut dem diesjährigen Manager Barometer von Odgers Berndtson nachzulassen: Die über 1.300 Führungskräfte, die an der schriftlichen Befragung teilgenommen haben, vermissen Innovationsfähigkeit in ihren Unternehmen. Und das in einer Zeit der Rezession, Inflation und andauernden Energiekrise.
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Managerbarometer 2023 2024Ist der Mittelstand das Rückgrat der Wirtschaft, dann sind Familienunternehmen das Rückgrat des Mittelstands. Hier engagieren sich die Eigner:innen in der Regel selbst im operativen Geschäft. Allerdings handelt es sich noch häufig um typische Patriarchen, die im operativen Geschäft und Management mitbestimmen. Der Wandel der Führungsrolle von der lenkenden zur coachenden Funktion ist hier noch nicht angekommen. Diese Diskrepanz ist nicht nur fatal in Hinblick auf die Stellung der Familienunternehmen am Weltmarkt. Sie ist auch hinderlich bei der Suche nach Führungskräften.
Die Antworten der Manager:innen zeigen außerdem eine Kluft zwischen den Generationen auf, was ihre Bedürfnisse und Einschätzungen angeht. Ein Umbruch wird bevorstehen, sobald die jüngeren verstärkt in Führungspositionen aufsteigen. Ihnen sind Werte wie Freizeit und Familie wichtiger als den älteren. Sie werden dafür sorgen, dass die Arbeitszeit weiter flexibilisiert wird.
Wenn auch die Mehrheit der Befragten mit ihrer jetzigen Position und Tätigkeit zufrieden ist, liegt dieser Anteil ausgerechnet bei Familienunternehmen niedriger als im Durchschnitt. Eine genauere Betrachtung der Umfrageergebnisse zeigt, woran das liegen könnte: Familienunternehmen hinken hinterher, was die Trends von morgen angeht.
Dabei galten Familienunternehmen lange als die stabilisierenden Anker der deutschen Wirtschaft, insbesondere des Mittelstands. Aber Zahlen lügen nicht: Das Manager Barometer weist nach, dass Familienunternehmen sich deutlich unterscheiden von den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).
Natürlich müssen Familienunternehmen nicht unbedingt zu den KMU gehören, auch weltumspannende Konzerne sind unter ihnen zu finden. Doch nur 3 Prozent aller Einzelunternehmen haben laut Statista mehr als 500 Beschäftigte, sodass ein Vergleich mit der Gesamtheit der KMU zulässig erscheint.
Der Unterschied in der Unternehmenskultur wirft Fragen auf: Warum herrscht der patriarchale Führungsstil in den Familienunternehmen vor? Die Führungskraft in ihrer Rolle als Coach scheint hier noch nicht anerkannt. Wieso öffnen sich Familienunternehmen nicht für moderne Führungsmodelle wie Tandems oder Shared Leadership, die auch Frauen einen Aufstieg erleichtern würden? Wieso leben Familienunternehmen, die in besonderem Maße auf ihren Wettbewerbsvorsprung angewiesen sind, keine offene Fehler- und Lernkultur? Wieso wird die Innovation der Produkte nicht entschlossener vorangetrieben?
Das Manager Barometer zeigt jedoch, dass Familienunternehmen in anderer Hinsicht in dieser sich immer schneller wandelnden Welt einen Vorsprung halten: Sie kennen ihre Kunden sehr gut. Der persönliche Bezug der Familie zum eigenen Unternehmen spiegelt sich in der persönlichen Beziehung zum Kunden.
Denn im Wettbewerb von morgen wird die Nase vorn haben, wem es gelingt, Fach- und Führungskräfte an sich zu binden. Hier besteht noch Nachholbedarf bei den Unternehmen in Familienbesitz.
Hinweise zur Methodik
durchgeführt. Es handelte sich um eine schriftliche Befragung in Form eines elektronischen Fragebogens. Der Fragebogen bestand aus sieben Fragekomplexen, die zum überwiegenden Teil im Multiple-Choice-Verfahren beantwortet werden konnten, und wurde in Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt und der LeadershipGarage erarbeitet. Die Antworten wurden anonym gegeben und ausgewertet.