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Leistungsbewertung 4.0: Zwischen Tradition und Innovation

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Wer macht einen besonders guten Job? Wen muss man unterstützen und von wem sich leider sogar trennen? Aus Unternehmenssicht sind Leistungsbewertungen der Belegschaft ein nachvollziehbarer Wunsch. Und wenn sie transparent gestaltet und gut kommuniziert werden, kann sogar die Unternehmenskultur profitieren. 

Es sind Schlagzeilen wie die Anfang Februar, die immer wieder für Diskussionen darüber sorgen, ob eine Leistungsbewertung noch zeitgemäß ist: Die Unternehmensberatung McKinsey & Company hat etwa 3.000 von ihren Mitarbeitern schlechte Leistungen attestiert, weswegen man nun „Bedenken“ habe, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Für die 3.000 Mitarbeiter heißt das konkret, dass ihnen drei Monate eingeräumt werden, um die eigenen Leistungen zu verbessern, ansonsten wird ihnen „geraten, das Unternehmen zu verlassen“, schreibt Bloomberg. 

Das klingt so verkürzt dargestellt etwas dramatisch und spricht im ersten Moment nicht für McKinsey als offenen, wertschätzenden Arbeitgeber. Andererseits ist es auch wichtig, den eigenen Unternehmenserfolg im Auge zu behalten zu dem jeder Mitarbeiter in der Regel einen Beitrag leistet. Diesen zu evaluieren und gegebenenfalls anzupassen, kann einen positiven Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmen haben. 

Potenziale erkennen: Eine Frage der Perspektive

Bewertungen ziehen sich durch das ganze Leben und haben durch die fortschreitende Digitalisierung sogar noch zugenommen. Zuletzt war diesbezüglich der DAX-Konzern SAP in den Schlagzeilen, weil man in Walldorf im Dezember letzten Jahres plante, ein Bewertungssystem mit Schulnoten einzuführen. Das erhöhe den Druck auf die Belegschaft, führe zu Unmut bei den Mitarbeitern und erschüttere die Grundfesten der Unternehmenskultur schrieben diverse Medien damals. 

Schulnoten sind uns noch aus der Kindheit bekannt. Eine fünf in Mathe, Englisch oder gar Sport konnte schon mal ein ungutes Gefühl im Magen auslösen und auch etwas am Ego rütteln. Letztendlich helfen Schulnoten aber eben auch dabei, seinen individuellen Weg zu finden. Und wenn die Noten in Biologie nicht sehr rosig aussehen, so kann dennoch ein neuer Picasso in einem stecken. 

Von Potenzialen profitieren: Die Rolle fairer Leistungsanalysen

Eine faire und transparente Leistungsbewertung steht nicht stellvertreten für ein Angst geprägtes Arbeitsklima. Regelmäßige Leistungsbeurteilungen sorgen dafür, dass allen Mitarbeitenden der richtige Aufgabenbereich zugeordnet werden kann. Denn letztendlich können Leistungsstatistiken auch dafür sorgen, dass Mitarbeitende nach ihren Fähigkeiten eingesetzt werden. Wenn die regelmäßigen Bewertungen zeigen, dass eine Person beispielsweise mit einer bestimmten Aufgabenstellung Schwierigkeiten hat, ließe sich das durch eine Versetzung, neue Aufgabenbereiche oder Zielvereinbarungen leicht lösen. Auch gezielte Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen wären eine Möglichkeit. Sich mit den Menschen im Unternehmen zu beschäftigen, Kompetenzen zu fördern und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, sind Aspekte, die sich positiv auf die Unternehmenskultur auswirken. 

Leistungsbewertung: Mehr als nur Zahlen und Fakten

Leistungsbeurteilungen können ganz objektiv gesehen sowohl für die individuelle Entwicklung der Mitarbeiter als auch durch die Effizienzbrille der Unternehmen betrachtet sinnvolle Tools sein. Allerdings stehen und fallen sie mit der Umsetzung.

Ramona Kraft Principal

erklärt Ramona Kraft, Principal bei Odgers Berndtson Germany. Ist ein Bewertungssystem geplant, gilt es, vorab offen über die Art und Weise, die Zielsetzung und die Umsetzung zu kommunizieren. Letztendlich muss auch für die Belegschaft der Mehrwert einer solchen Bewertungsmatrix klar zu erkennen sein, damit sie an Bord ist und das Projekt bestenfalls positiv auf die Unternehmenskultur einzahlt. 

Ferner ist es wichtig, zwischen qualitativen und quantitativen Bewertungen zu unterscheiden. Qualitative Merkmale innerhalb der Leistungsbewertung sind beispielsweise das Engagement, die Zuverlässigkeit, Teamfähigkeit oder auch Eigeninitiative. Für die quantitative Beurteilungen werden hingegen eher die Messgrößen aus den Zielvereinbarungen herangezogen – also Umsatzhöhe oder andere im Vorfeld definierten Parameter. Eine Balance aus quantitativer und qualitativer Bewertung ist deshalb wichtig, weil je nach Fähigkeit und Charakter eines Mitarbeiters einer der beiden Bereiche der stärkere ist. 

Und dann ist natürlich immer relevant, von wem das Feedback kommt. Bewertet nur die Führungskraft oder basiert die Bewertung auf einem 360-Grad-Feedback? Denn wenn Leistungsbewertungen als gemeinsame Aufgabe kommuniziert werden, das Unternehmen leistungsfähiger und damit resilienter zu machen, ist die Motivation der Belegschaft deutlich höher, sich an den Bewertungen zu beteiligen. Anders sieht es aus, wenn es nur darum geht, die sogenannten High Performer von den Low Performern zu selektieren. Soll heißen: Ein gesunder Konstruktivismus und klare Zielvorgaben, was mit den Leistungsstatistiken passieren soll, sind entscheidend. 

Sachlichkeit durch Einsatz von Technik

Auch die großen 360-Grad-Feedbackrunden sind heute dank moderner Technik verhältnismäßig leicht umzusetzen. Wer dann vielleicht mit Hilfe von KI oder anderen Softwarelösungen die Daten auswertet und daraus konkrete Handlungsempfehlungen für die anschließenden Evaluierungsgespräche ableitet, schafft es zudem, die Bewertung von einer persönlichen Ebene auf eine deutlich sachlichere Ebene zu bringen. Wichtig ist eben auch, die Mitarbeiter mit ihren Ergebnissen nicht alleine zu lassen, sondern vielmehr im Gespräch zu erarbeiten, welche Schlüsse und Maßnahmen sich daraus ergeben. Denn das ist ein Kritikpunkt, den sich McKinsey schon gefallen lassen muss: Einfach nur zu sagen, werde in den nächsten drei Monaten besser oder geh, ist in Zeiten von Fachkräftemangel und multidimensionaler Herausforderungen für Unternehmen weder die feine englische Art noch der beste Weg in Richtung Zukunft. Die Leistungsbewertung der Belegschaft deshalb grundsätzlich zu verteufeln oder als antiquiert abzustempeln aber genauso wenig.

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